Blutspende-Termin in der Sultan-Murad-Moschee in Linne –
organisiert vom DRK-Ortsverein Bad Essen mit der Moschee-Gemeinde
Die ehemalige Mühle in Krietenstein, gelegen an der Buerschen Straße zwischen Rabber und Barkhausen, ist seit 1979 das Domizil der türkischen Moschee-Gemeinde, die nach deutschem Zivilrecht inzwischen im Vereinsregister eingetragen ist. Die Gläubigen der Moschee-Gemeinde zahlen folglich einen freiwilligen Mitgliedsbeitrag nach der Vereinssatzung, keine Kirchensteuer wie bei den evangelischen und katholischen Kirchengemeinden, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. An dem Standort in der Ortschaft Linne ist die Moschee-Gemeinde seit 45 Jahren ansässig. Der Vorsitzende der Moschee-Gemeinde, Ümit Duman, ist bereits in der dritten Generation in der Gemeinde Bad Essen ansässig, ebenso wie viele weitere Familien, die der Moschee-Gemeinde angehören. Gläubige aus den Gemeinden Bohmte und Ostercappeln sowie sehr stark auch aus Preußisch Oldendorf, NRW, haben sich der Moschee-Gemeinde angeschlossen. Es ist eine Ditip-Religionsgemeinde; dies bedeutet, dass der Imam, der auch als „Vorbeter“ bezeichnet wird, dem türkischen Staat für die Dauer von gut fünf Jahren entsandt und auch von der türkischen Religionsbehörde Diyanet bezahlt wird.
Schon vor über fünf Jahren war es der niedergelassene Facharzt Dr. Josef Hoffschröer, damals Vorsitzender des DRK-Ortsvereins Bad Essen, der mit seiner bewährten Sprechstunden-Helferin Frau Celik die Moschee-Gemeinde für einen Blutspende-Termin gewinnen konnte. Wichtig: Jeder und jede Person kann hier Blut spenden, als türkisch-stämmige Muslime oder Menschen mit oder ohne Bindung zu einer christlichen Religion.
Der Termin einmal jährlich wird auch gut angenommen. So nahmen als Spender auch Landtagsabgeordneter Thomas Uhlen und Zahnarzt Dr. Polatzek sowie viele weitere „Bio-Deutsche“ mit ihrer Blutspende teil.
Der Vorstand der Moschee-Gemeinde legt Wert darauf, über die islamische Religionsausübung an diesem Standort zu informieren, weil durch Unkenntnis nur Vorurteile entstehen. Jeweils am Freitag findet für Muslime das „Freitags-Gebet“ statt, ein wichtiges Ritual für die wahrhaft Gläubigen. Da viele Gläubige eine weitere Anfahrt haben, wird nach dem Gebet die Gemeinde vom Imam zur Teilnahme an der Blutspende aufgerufen, weil die Religion das Prinzip der „Nächstenhilfe“ ebenso wie bei den Christen praktiziert. Eine Blutspende kann Leben retten, unabhängig von Religion oder Nationalität des Empfängers, dessen Leben durch eine Spende gerettet werden kann.
Ümit Duman ist engagierter Vorsitzender der Moschee-Gemeinde; er möchte größtmögliche Transparenz zwischen den Religionen in der Region erreichen. Deshalb werden besonders die nicht-muslimischen Blutspender gerne über Abläufe der Religionsausübung in einer türkischen Moschee informiert.
Seit Anfang dieses Jahres steht der Ditip-Gemeinde der Imam Mehmet Karahan zur Verfügung, der die Wohnung im Obergeschoss mit seiner Frau und drei Kindern nutzt. Karahan ist Kurde und kommt aus Diyarbakir in der Ost-Türkei. Dort absolvierte er seine Ausbildung und legte später die Prüfung als Imam vor der türkischen Religionsbehörde Diyanet ab. Außerdem benötigte er für den Dienst im Ausland eine Ergänzungsausbildung mit zusätzlicher Prüfung. Imam Karahan, im türkischen Sprachgebrauch auch als „Vorbeter“ bezeichnet, war zunächst im Grenzbereich zu den Niederlanden tätig, so dass er und seine Kinder schon die deutsche Sprache lernten und anwenden können. Der älteste Sohn macht derzeit bei einem hiesigen Industrieunternehmen eine Ausbildung. Für maximal fünf Jahre darf der Imam vor Ort bleiben, dann folgt „leider“ ein Wechsel, vorgegeben von den Regeln der Diyanet.
Gewaschen werden Hände, Gesicht und Füße. Im Sanitärbereich gibt es für die Männer und die Frauen einen Waschraum mit Sitzhockern für die Fußwaschung – der Gläubige kennt die Regeln, die aber auch für Menschen mit christlichem Religionshintergrund nachvollziehbar sind.
Blutspenden sind eine hochkomplizierte und sensible „Ware“; die Haltbarkeit der Vollspende nur für wenige Tage – aber die Spenden werden nach der labormäßigen Untersuchung teilweise aufgespalten, etwa ist das Blutplasma länger zu verwenden.
Die Aufnahme der Blutspender erfolgt durch freiwillige Hilfskräfte des DRK-Ortsvereins Bad Essen. Viele Mitglieder der Moschee-Gemeinde waren Wiederholungspender und konnten mit ihrem Ausweis eingescannt werden. Es gab auch einige „Erstspender“, beispielsweise aus Syrien mit einem Aufenthaltstitel. Einige hatten hier gleichlautend das „Geburtsdatum“ 1.1.z.B. 1998. Die Syrier konnten dies mit einem „Schmunzeln“ erklären; in ihrem Heimatland würde in den Geburtskliniken oder bei Hausgeburten das genaue Geburtsdatum nicht festgehalten, weil es so etwas wie „Standesämter“ nicht überall im Lande gegeben habe.
Ein alter Nebenraum wurde entfernt. Stattdessen entstand ein neuer überdachter „Wintergarten“, dessen Seitenwände demnächst noch eingebaut werden sollen. Das Freigelände ist sehr einladend und beim Blutspende-Termin gab es Sonnenwetter und strahlend-blauen Himmel. Angrenzend an die gepflasterte Terrasse ein anspruchsvoller Spielplatz für Kinder, die damit auch im Blickwinkel ihrer Eltern bleiben.
Die türkischen Kinder lernen in unterschiedlichen Altersstufen die Buchstaben der arabischen Schrift, damit sie auch unabhängig vom Vorbeter den Koran in der Ursprungssprache lesen können. Adelheit stellte fest: „Es ist schon sehr anspruchsvoll, diese Schriftzeichen zu verinnerlichen, wobei es ähnlich wie in der französischen Sprache Zeichen gibt, die die Betonung eines Buchstaben oder einer Silbe prägen“.
Fast alle Mitglieder der Moschee-Gemeinde sprechen perfekt die deutsche Sprache; ihre türkischen Sprachkenntnisse sind eher eingeschränkt und bei Urlauben im Herkunftsland werden sie als „Deutsch-Türken“ identifiziert. Bei dem Blutspende-Termin konnten sich die einheimischen Besucher davon überzeugen: Hier gibt es keine Parallelgesellschaft, Gastfreundschaft, Offenheit und Transparenz sind spürbar – vielleicht ist dies im ländlichen Raum leichter zu erreichten als im großstädtischen Milieu. Und Vorsitzender Duman erwähnte, dass auch die syrischen Flüchtlinge, auch die jungen Männer ohne Familie, mit einem Aufenthaltstitel ausgestattet, von der Moschee-Gemeinde „aufgefangen“ werden – dies im Zeichen der religiösen Verbundenheit.
Am 3. Oktober jeweils jährlich – parallel zum „Tag der deutschen Einheit“ gibt es auch in Linne den Tag der offenen Moschee und Interessierte sind willkommen, um sich den Gebetsraum und die Nebenräume anzuschauen. Durch den Erfahrungsaustausch könnten noch bestehende Vorurteile abgebaut werden und ein verträgliches Miteinander der unterschiedlichen religiösen und gesellschaftlichen Gruppen gefördert werden. Informationen zur Geschichte der Sultan-Murad-Moschee gibt es unter www.ditip-badessen.de.
Text und Fotos: Eckhard Grönemeyer